Die suesse Frau aus Italien

Schlafend lag die schoene Leonora aus Florenz im Schatten eines Birnbaums. Es war ein heisser Tag, und der weite Weg von der Stadt bis zum Weinberg hatte Leonora erschoepft. Bevor sie mit einem Korb voller Trauben den Rueckweg antrat, wollte sie sich ein wenig ins Gras legen und ruhen.

Sie hatte das Mieder aufgeknoepft, das ihre schneeweissen Brueste freigab, und sah noch huebscher aus als sonst. Der weite Rock war ueber ihre Beine zurueckgeglitten, und zwischen den schimmernden, weichen Schenkeln lugte ein schwarzes Dreieck hervor, schwaerzer noch als die dichten Locken, die ihr Gesicht umrahmten.

Die Sonne sengte gluehend auf das alte Gemaeuer, das hinter dem Birnbaum den Weinberg begrenzte. Aus einer Mauerspalte schluepfte eine kleine Eidechse, flink glitt sie ueber die heissen Steine in das schattige Gruen, zuengelte an den Zehen des Maedchens und folgte einem suessen Duft. Vielleicht suchte das Tier nur das kuehlende Dunkel unter dem Rock – auf jeden Fall war es im Nu an jenem verschwiegenen Plaetzchen angelangt, wo sich zwischen feuchtem Moos Leonoras rosige Grotte auftat.

Unruhig bewegte sich Leonora im Schlaf, als sie ein Schmeicheln um ihre geheimste Stelle fuehlte. Das Kribbeln hoerte nicht auf, und als es zu sehr kitzelte, fuhr sie erschrocken hoch, und griff schnell nach dem frechen Eindringling. Da bekam das Echslein Angst, schluepfte rasch in die feuchte Enge und draengte sich so weit hinein, bis es nicht mehr weiterging.

Vergebens versuchte nun das Maedchen, seiner habhaft zu werden. Es sprang auf und schuettelte sich, kniete sich wieder hin und wollte mit beiden Haenden dem unerwuenschten Gast den Weg ans Tageslicht zeigen. Doch das Eidechslein versteckte sich um so besser, je mehr das Maedchen ihm zusetzte, und langsam wich es immer tiefer in die feuchtwarme Hoehle zurueck.

Leonora wusste nicht mehr ein noch aus. Gepeinigt von dem unaufhoerlichen Kitzel, rannte sie den ganzen Weg nach Hause, um ihrer Mutter von dem Missgeschick zu berichten. Diese schlug die Haende ueber dem Kopf zusammen, doch dann versuchte sie, der Tochter zu helfen. Aber auch die Mutter bemuehte sich vergebens. Sie sah wohl das vorgestreckte Koepfchen der Eidechse, und die glitzernden Äuglein, doch sobald sie dem Reptil zu Leibe ruecken wollte, wich es in sein sicheres Versteck zurueck.

Der Doktor musste geholt werden. Bedenklich schuettelte er den Kopf. Es gaebe kein anderes Heilmittel, das kleine Reptil loszuwerden, als einen Ritter vor die Venusburg zu fuehren. Er sollte dann mit seiner Lanze den unerwuenschten Gast bis in den hintersten Winkel seines Unterschlupfes verfolgen, und ihn mit kraeftigen Stoessen um sein Leben bringen. Als Leonora das hoerte, fing sie an zu jammern, doch es blieb ihr nichts anderes uebrig, als den Versuch zu wagen. Woher aber den Ritter nehmen? Alle Verehrer haetten in einem solchen Gefecht sicher gern ihre Lanze fuer sie eingesetzt – doch dann haette sich bald jeder in der Stadt ueber Leonoras Missgeschick lustig gemacht.

Doch schon am naechsten Tag, so wollte es der Zufall, klopfte ein Bauernbursch aus den Bergen an der Haustuer. Er kam, um Kaese und Eier zu verkaufen. Vom Fenster ihrer Kammer aus erkannte Leonora, dass er gesund und kraeftig aussah. Niemand war daheim, und so rief sie ihn herein, liess sich seine Ware zeigen – und machte ihn dann auf das aufmerksam, was sie zu bieten hatte.

Der Bursche wusste nicht, wie ihm geschah. Schenkte das schoene Maedchen ihm wirklich seine Gunst? Doch die Gelegenheit war so verlockend, dass er nicht lange fackelte. Kaum hatte Leonora Zeit, ihren Rock zu schuerzen, da machte sich der Junge auch schon auf die Echsenjagd. Und was fuer einer Lanze er sich dabei bediente! Schon der erste Angriff brachte das Eidechslein in arge Bedraengnis. Fluechten konnte es nicht, also verteidigte es sich mit seinen spitzen Zaehnchen. „Hah“, rief der Bauernbursche, „wie seid ihr feinen Stadtmaedchen da unten doch merkwurdig gebaut!“

Leonora seufzte nur, und ermutigte den Helfer mit tapferen Gegenstoessen. Das schien ihn so zu befluegeln, dass er mit einem gewaltigen Stoss sein Werk vollendete. Das Echslein trieb – halb betaeubt, halb ertraenkt – aus seinem schuetzenden Versteck.

Wohin es verschwand, wer weiss… doch die schoene Leonora lud noch so manchen Ritter zur Eidechsenjagd ein.